Notfallmanagement in Arztpraxen

Notfallmanagement

Notfälle in Arztpraxen sind glücklicherweise selten – doch ist es wichtig, sie schon ernst zu nehmen, bevor sie passieren. Das Ziel des Notfallmanagements ist es, so gut wie möglich auf den Ernstfall vorbereitet zu sein. So gelingt die optimale Versorgung des Patienten in einem Notfall.

Was bedeutet Notfallmanagement in einer Arztpraxis?

Auch im alltäglichen Praxisbetrieb können Notfälle auftreten. Der Definition nach liegt hier ein Notfall vor, wenn bei einem Patienten die lebensnotwendigen Körperfunktionen beeinträchtig sind. Das betrifft vor allem Bewusstsein, Atmung und Kreislauf. Die Gründe für dieses Versagen können vielfältig sein, zum Beispiel ein Herzinfarkt, ein Schlaganfall, ein allergischer Schock, ein epileptischer Anfall und viele weitere. Allen Notfallsituationen ist gemein, dass sie plötzlich und unerwartet auftreten. Doch nicht nur akute Fälle zählen als Notfall. Auch persönliche oder telefonische Meldungen sind Notfälle und erfordern eine entsprechende Reaktion durch das Personal einer Arztpraxis.
 
Tritt ein Notfall ein, ist schnelles Handeln angesagt. Die richtigen ersten Schritte müssen sofort parat sein. Um schnell und souverän auf einen Notfall reagieren zu können, sollten bestimmte Abläufe in einer Praxis etabliert sein. Jeder Mitarbeitende muss wissen, was er oder sie in einem akuten Notfall zu tun hat und wo entsprechende Notfallausrüstung zu finden ist.
 
Das Notfallmanagement regelt gemäß Definition alle Abläufe rund um Notfallsituationen und gehört zum Qualitätsmanagement in einer Praxis. Um so gut wie möglich auf einen Notfall vorbereitet zu sein, ist es empfehlenswert, im Rahmen des Notfallmanagements ein Notfallkonzept zu erarbeiten.

Notfallkriterien: Notfälle in Arztpraxen erkennen

Die Voraussetzung für das schnelle und richtige Reagieren, ist das Erkennen eines Notfalls. Mit Notfallkriterien werden typische Zeichen verschiedener Notfälle festgelegt und können als Stütze und Handlungsrahmen beim Erkennen von Notfällen dienen. Die Notfallkriterien sollten in der Arztpraxis im Rahmen des Risiko- und Qualitätsmanagements festgelegt werden.

Zur Ermittlung der Notfallkriterien überlegen Sie, welche Notfälle in Ihrer Arztpraxis auftreten können und durch welche Symptome Notfallpatienten zu erkennen sind. Dabei sollten Sie sowohl Patienten, die sich bei Ihnen vor Ort in der Praxis befinden, als auch Meldungen übers Telefon berücksichtigen. Im Anschluss legen Sie fest, bei welchen Kriterien welche Maßnahmen ergriffen werden müssen. Diese werden in einem Notfallkonzept festgehalten.

Das Nofallkonzept: Jederzeit vorbereitet

Das Notfallkonzept gibt Auskunft darüber, was in einem akuten Notfall genau zu tun ist, und basiert auf den zuvor erarbeiteten Notfallkriterien. Durch das Notfallkonzept haben alle Mitarbeitende der Praxis einen klaren Handlungsrahmen, auf den sie sich im Ernstfall verlassen können. Das Notfallkonzept sollte schriftlich festgehalten und gut sichtbar in der Praxis aufgehängt werden. So dient es in einem tatsächlichen Notfall als Referenz. Ein gutes Notfallkonzept enthält alle relevanten Informationen in gut strukturierter und übersichtlicher Form.
 
Neben den Notfallkriterien und den entsprechenden Handlungsanweisungen für die Versorgung des Patienten klärt ein Notfallkonzept auch die Verantwortlichkeiten und enthält alle Rufnummern für einen Notfall. Auch wo sich der Notfallkoffer befindet, sollte vermerkt sein.
 
Neben der Notrufnummer 112 gibt es weitere Rufnummern für verschiedene Notfälle. Dazu gehören:
 
  • Polizei
  • (Nächstgelegenes) Krankenhaus mit Notaufnahme
  • Ärztlicher Bereitschaftsdienst
  • Zentraler Hebammenruf
  • Rettungsleitstelle
  • Giftnotzentrale
  • Kindernotdienst
  • Zahnärztlicher Bereitschaftsdienst
  • Drogennotdienst
  • Weitere für Ihre Praxis relevante Notrufnummern

Notfallausstattung

Ein weiterer zentraler Teil des Notfallmanagements ist die Notfallausstattung, die der Notversorgung des Patienten dient, bis der Rettungsdienst eintrifft. Sie sollte wichtige Medikamente und technische Hilfsmittel der Notfallmedizin enthalten. Es gibt keine konkreten Vorschriften über den Inhalt der Notfallausstattung, sondern lediglich Empfehlungen vom Hausärzteverband und der Kassenärztlichen Vereinigung, die Sie als Referenz verwenden können.

Die Inhalte der Notfallausstattung können Sie als Praxis also selbst festlegen. Berücksichtigen Sie bei der Auswahl der Medikamente und Hilfsmittel auch Ihre Spezialisierung und Ihre typischen Patientengruppen. So muss eine Praxis, die hauptsächlich ältere Menschen behandelt, nicht vollständig für die Notversorgung von Kleinkindern ausgestattet sein. Bei der Auswahl der Medikamente ist auch zu berücksichtigen, dass die finale Entscheidung über das Mittel, die Dosierung und die Verabreichung vom Arzt oder der Ärztin getroffen werden muss.

Aufbewahrung der Notfallausstattung

Ebenfalls nicht strikt vorgegeben ist, wie die Notfallausstattung aufbewahrt werden sollte. Wichtig bei der Lagerung ist jedoch, dass sie mobil ist, also schnell und unkompliziert an den Ort des Notfallgeschehens gebracht werden kann. Die Notallausstattung kann in einem Koffer, einer Box oder einem Rollwagen untergebracht sein. Bedenken Sie, dass jeder Mitarbeiter der Praxis das Behältnis tragen oder bewegen kann und dass ein Notfall sich auch an Orten außerhalb der eigentlichen Praxisräume wie dem Treppenhaus ereignen kann.
 
Stellen Sie sicher, dass die Notfallausstattung immer vollständig und funktionsfähig ist. Am besten wird im Rahmen des Notfallmanagements vierteljährlich die Notfallausstattung geprüft. Prüfen Sie neben der Vollständigkeit auch das Mindesthaltbarkeitsdatum der Medikamente und des Verbandmaterials sowie die Batterien von Instrumenten. Dokumentieren Sie den Zeitpunkt jeder Prüfung der Notfallausstattung.

Richtige Reaktion im Notfall

In einem Notfall richtig zu reagieren und schnell die notwendigen Handlungsschritte parat zu haben, ist nicht leicht. Das ist nur menschlich. Dazu hilft ein gutes und regelmäßiges Training zum Umgang mit Notfallsituationen. Das schafft Sicherheit und stärkt das Selbstvertrauen, sodass in einer echten Situation passend reagiert werden kann.

Schulungen und Trainings

Das Training der Mitarbeitenden sollte sowohl theoretische Schulungen als auch praktische Trainings enthalten, um die Prozesse zu üben und zu verinnerlichen. Diese werden idealerweise jährlich durchgeführt und dokumentiert. Zu den theoretischen Schulungen zählt auch, regelmäßig über die Gegebenheiten in der Praxis und den aktuellen Notfallplan zu informieren. Besonders wenn neue Kollegen ins Team kommen, sollten diese zeitnah und ausführlich zum Notfallmanagement der Arztpraxis geschult werden.
 
Die meisten medizinischen Fachangestellten sind durch den Berufsabschluss automatisch als Ersthelfer qualifiziert. Die Unfallverhütungsvorschrift der Berufsgenossenschaft schreibt ab einer Mitarbeiterzahl von zwei oder mehr mindestens einen Ersthelfer vor. Ab 20 Mitarbeitenden müssen zehn Prozent eine Qualifizierung zum Ersthelfer besitzen. Diese Qualifizierung muss alle zwei Jahre erneuert werden, sofern die betreffenden Personen nicht regelmäßig Notfallmaßnahmen in ihrem normalen Tätigkeitsbereich durchführen.

Die ersten Schritte in einem Notfall

Kommt es zu einem Notfall, sind die ersten Schritte von besonderer Bedeutung. Sie sollten schnell und sicher durchgeführt werden. Im besten Fall werden die Aufgaben auf mehrere der anwesenden Personen verteilt. Dabei kümmert sich eine Person um den Patienten. Die zweite Person setzt den Notruf ab und die dritte informiert den zuständigen Arzt.
 
Bei der Alarmierung des Notrufs über 112 sollten die fünf W-Fragen beantwortet werden, die zur Erinnerung auf einem Zettel notiert sein können:
 
  • Wer ruft an?
  • Wo ist der Notfall? (Hier sollte die genaue Adresse inklusive Stockwerk und Erreichbarkeit über Fahrstühle genannt werden.)
  • Wer ist verletzt und welche Verletzungen und/oder Symptome liegen vor?
  • Wie kann man Sie erreichen? (Nennen Sie hier die Praxistelefonnummer und stellen Sie sicher, dass das Telefon auch bedient wird.)
  • Welches Rettungsmittel schlagen Sie vor? Ist ein Notarzt ausreichend oder wird ein Rettungswagen benötigt?
 
Die schnelle und präzise Beantwortung dieser Fragen hilft dem Notarzt und Rettungspersonal zeitnah vor Ort zu sein und die bestmögliche Hilfe zu leisten. 

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